Jeder Tag ist anders, sie wissen nie, welche Fälle zu behandeln sind oder wie viele Patientinnen und Patienten auf dem Notfall eintreffen: Anita Ruch und Cornelia Furer geben einen Einblick in ihren Alltag auf der Notfallstation des Spitals Emmental.
Text: Teresa Schmidt
Ob zu Fuss eingetroffen, von der Hausärztin angemeldet oder mit dem Rettungsdienst transportiert– alle Patientinnen und Patienten werden im Notfall des Spitals Emmental anhand der Schwere der Verletzung oder Erkrankung eingestuft. Dabei ist kein Tag wie ein anderer, da die anwesenden Mitarbeitenden nie wissen, wie viele Notfälle, welche Personen oder welche Arten von Notfällen sie an dem Tag sehen werden. «Aus Spitalsicht sind vielleicht nicht alle Personen, die im Notfall eintreffen, Notfälle. Aber wir versuchen, hier die Perspektive der Patientinnen und Patienten einzunehmen: Wenn jemand sich als Notfall zuweist, dann gehen wir auf die Bedürfnisse ein, da wir nicht wissen, welche Hintergründe, welche Geschichten oder welche Assoziationen mit einer Erkrankung oder Verletzung verbunden sind», erklären Anita Ruch, Fachfrau Gesundheit und Cornelia Furer, diplomierte Expertin Notfallpflege.
Das Aufkommen von Patientinnen und Patienten ist von Tag zu Tag unterschiedlich und macht die Arbeit auf dem Notfall so spannend für die beiden Pflegefachfrauen: «Wir wissen nie was uns erwartet, wie viele Fälle zu behandeln sind oder welche Personen im Notfall auftauchen», sagt Cornelia Furer. Anita Ruch ergänzt: «Die meisten Patientinnen und Patienten haben wir sicher immer am Montag und am Freitag – entweder weil nach dem Wochenende das Bedürfnis einer Abklärung besteht oder weil vor dem Wochenende bzw. den Ferien noch Klarheit über eine Krankheit oder Verletzung geschaffen werden soll.»
Die grosse Schwierigkeit im Notfall ist die Wartezeit, die bei den Patientinnen und Patienten teilweise zu Frustration und Unzufriedenheit führt. Wie Wartezeiten entstehen und warum sie so schwer kalkulierbar sind, darüber informieren einerseits Informationsbroschüren und andererseits die Pflegenden vor Ort. «Wir arbeiten auf dem Notfall mit einem Triagesystem, bei dem wir die Patientinnen und Patienten nach der Schwere ihrer Krankheit oder Verletzung einstufen. Es kann daher sein, dass eine Person, die nur leicht erkrankt ist, aber früher im Notfall eingetroffen ist, länger warten muss, weil eine schwerverletzte Person, die dringender versorgt werden muss, in der Behandlung vorgezogen wird», erklärt Cornelia Furer weiter. Anita Ruch ergänzt: «Das führt mitunter zu Frustration und unfreundlichen Reaktionen bei den Wartenden. Wir versuchen, diese im Gespräch und mit Erläuterungen zu klären. Gelegentlich stossen wir dabei an Grenzen.»
Wichtig ist, dass die Zusammenarbeit auf dem Notfall jederzeit, aber besonders dann, wenn die Wartzeiten sehr lang sind, gut funktioniert. Im Spital Emmental ist die Zusammenarbeit Hand in Hand organisiert und die Pflegenden schätzen den Kontakt zur Ärzteschaft: «Als Pflegefachperson auf einer Abteilung kennen wir die Patientinnen und Patienten über mehrere Tage und wissen bereits, mit welchen Erkrankungen sie zu uns kommen. Auf dem Notfall ist es unsere Aufgabe als Team, eine Diagnose zu stellen und die passende Behandlung zu finden. Dadurch haben wir auch viel Kontakt zu den Ärztinnen und Ärzten, arbeiten im Team zusammen und können unser pflegerisches Wissen einbringen», erzählt Cornelia Furer weiter.
Um den Überblick über alle Patientinnen und Patienten zu behalten, gibt es Übergaben beim Schichtwechsel. Aber auch innerhalb einer Schicht treffen sich alle Beteiligten regelmässig für Kurzabstimmungen, bei denen besprochen wird, wer allenfalls Hilfe braucht, wer Fälle übernehmen kann oder wer noch freie Kapazitäten hat.
«Wir versuchen wir unsere Ressourcen so einzuteilen, dass die Patientinnen und Patienten rasch behandelt werden können, wir aber auch für jeden Fall die richtigen Ansprechpersonen vor Ort haben. Schön sind dann die Momente, in denen und die Patientinnen und Patienten spüren lassen, dass sie dankbar für unsere Arbeit sind. Das passiert oftmals auch erst nach dem Spitalaustritt, weil die Betroffenen im Spital so gefangen in ihrer eigenen Situation sind, dass sie lediglich darauf bedacht sind, dass sie möglichst bald wieder aus dem Spital entlassen werden können», fasst Anita Ruch zusammen.