Warum Nierensteine höllische Schmerzen verursachen können

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    Nierensteine oder andere Steinleiden im Harntrakt sind zur Volkskrankheit geworden. Bis zu 40 000 Menschen erleiden schweizweit jährlich einen Harnsteinabgang. Andy Höft, Urologe am Spital Emmental, erklärt, was zur Steinbildung führt und wie die Therapiemöglichkeiten aussehen. 

    Text: Luk von Bergen Geprüft von: Andy Höft, Stellvertretender Leitender Arzt Urologie

     

    Nierensteine, Harnleitersteine und Blasensteine gehören zu den Harnsteinen, die als Oberbegriff sämtliche Steine bezeichnen, die im Harntrakt vorkommen. «Alle Steine sind anfangs Nierensteine, bevor sie oftmals weiterwandern und dabei starke Schmerzen auslösen», sagt Andy Höft. Der Ursprung des Übels nimmt seinen Anfang, wenn sich in der Niere Mineralien sowie Salze nicht mehr richtig im Urin auflösen und dadurch kristallisieren. «Dabei bilden sich verschiedenartige Kristalle, die durch die Anlagerung von weiteren Salzen immer grösser werden.» Diese Gebilde haben eine Grösse von einem Millimeter bis zu mehreren Zentimetern. In der Niere selbst machen sie sich kaum bemerkbar. Aber irgendwann gelangen die Nierensteine sozusagen in den Abfluss, zum trichterförmigen Übergang vom Nierenbecken zum Harnleiter. Da die Steine nicht abgeführt werden können, kommt es zu heftigen Koliken. 

     


    «Manche Patientinnen und Patienten sprechen vom grössten Schmerz, den man sich vorstellen kann.» 

    Andy Höft, Stellvertretender Leitender Arzt Urologie

     

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    Nierensteine verstopfen den Harntrakt

    Beide Nieren münden jeweils in einem bis zu dreissig Zentimeter langen Harnleiter, der die Dicke eines Regenwurms aufweist. Durch diesen Schlauch gelangt der Urin vom Nierenbecken in die Harnblase. Der Transport geschieht durch peristaltische Wellen, also stossartige Bewegungen, ähnlich wie in der Speiseröhre. Verstopfen also Nierensteine den Harnleiter, kann der Urin nicht mehr vollumfänglich abfliessen. In solchen Fällen verursacht der Druck, der durch die Transportstösse entsteht, praktisch aus dem Nichts starke Schmerzen. «Manche Patientinnen und Patienten sprechen von einer Art Vernichtungsschmerz, vom grössten Schmerz, den man sich vorstellen kann – stärker als die Schmerzen bei einer Geburt», sagt Andy Höft. Man spricht im Zusammenhang mit Harnsteinschmerzen gar von «Steinen gebären», da der Schmerz wirklich immens ist. Wobei nicht zwingend die Grösse des Steins entscheidend ist. Das Problem liegt eher in der Oberflächenbeschaffenheit. «Manche Steine sind glatt, die rutschen eher durch. Andere sind scharfkantig und stachelig, was zu Verletzungen im Harnleiter und zu Blut im Urin führen kann.» Selbst kleinste Steinkrümel können heftige Koliken auslösen. 
     
     


    Gegen Nierensteine: Trinken Sie viel Wasser

    Ob zu Hause oder bei der Arbeit: Wer ausreichend Wasser trinkt, beugt einem möglichen Steinleiden vor. Auch wer in Berufen tätig ist, bei denen regelmässiges Wasserlassen nicht praktisch oder kaum möglich ist (LKW-Fahrer, Kurier oder Kassiererin), sollte die Flüssigkeitszufuhr nicht vernachlässigen. Wer körperlich schwere Arbeit verrichtet und dabei viel schwitzt, läuft ebenfalls Gefahr, auszutrocknen. Deshalb gilt für erwachsene Personen: Trinken Sie über den Tag verteilt mindestens zwei Liter Wasser, im Sommer darf es auch mehr sein. 




    Vielfältige Behandlungsmöglichkeiten

    Die konservative Behandlung erfolgt mit schmerzstillenden und krampflösenden Medikamenten, die beispielsweise den Harnleiter entspannen. Weiter kann dem Körper über die Venen viel Flüssigkeit zugefügt werden. Dadurch werden die Harnsteine ausgespült. «Eine konservative Behandlung kommt vor allem bei kleinen Steinen zum Zug», sagt Andy Höft. «Allerdings gibt’s aber auch Fälle, bei denen wir selbst kleine Steine operativ entfernen – beispielsweise bei einem Infekt in der Niere oder bei Fieber.» Eine medikamentöse Abführung von Harnsteinen dauert manchmal nur einige Stunden, manchmal aber auch mehrere Wochen. Eine weitere nicht-invasive Möglichkeit ist die Zertrümmerung des Harnsteins von aussen durch stark konzentrierte Ultraschallwellen. «Dadurch zerkleinern wir den Kristall so weit, dass die Steinfragmente von allein abfliessen, was allerdings wiederum schmerzhaft sein kann.» 

    Weitere Möglichkeiten, die Steine zu entfernen, sind mit operativen Eingriffen verbunden. «Mittels Harnleiterspiegelung dringen wir zum Harnleiter hoch, lokalisieren den Stein und fangen ihn mit einem Körbchen auf», sagt Andy Höft. «Allerdings müssen wir ihn vorher oftmals mit einem Laser zertrümmern, was wiederum viele kleine, feine Fragmente hinterlässt, die einzeln entfernt werden müssen.» Auch eine Steinbehandlung durch die Haut ist möglich. Diese Behandlungsart bietet sich insbesondere bei grossen Steinen in der Niere selbst an. «Dabei wird eine dünne Kamera mit einem Arbeitskanal von etwa 6 Millimetern Durchmesser direkt durch die Haut in den steintragenden Nierenkelch gestochen. Dort zertrümmern wir den Stein mittels Laser zu feinem Staub und entfernen ihn.» Ein Vorteil: Bei diesem Eingriff wird der Harnleiter geschont. Allerdings muss nicht jeder Nierenstein rausgeholt werden. Ein kleiner Nierenstein, der keine Beschwerden macht, kann vorerst einfach nur beobachtet werden.  

     

    Was Nierensteine begünstigt

    Steinleiden sind keine klassischen Alterserscheinungen wie etwa Gefäss- oder Herzerkrankungen. Viele Menschen – mehr Männer als Frauen – mittleren Alters sind davon betroffen, aber auch jüngere Leute oder gar Babys. Während bei Kindern meist angeborene Ursachen wie ein Gendefekt oder Fehlbildungen hinter der Erkrankung stecken, hängen Steinleiden bei Erwachsenen oft mit der Ernährung zusammen. Andy Höft: «Wer sich allzu salzhaltig ernährt und zu wenig trinkt, begünstigt die Entstehung von Nierensteinen.» Übermässiger Fastfood-Konsum, zu viel Kakao oder Kaffee können ebenfalls zur Steinbildung beitragen. Wer viel Spinat, Wallnüsse oder Rhabarber isst, entwickelt eher Kalziumoxalatsteine, das meistverbreitete Steinleiden. Wer viel Fleisch, Geflügel und Fisch verzehrt, kann an einem Harnsäurestein erkranken. Verzicht oder eingeschränkter Konsum der entsprechenden Nahrungsmittel kann helfen, Nierensteine und ähnliches zu verhindern. Der wichtigste Tipp, um einem Steinleiden vorzubeugen, bleibt aber die Flüssigkeitszufuhr. «Trinken Sie unbedingt mindestens zwei Liter Wasser pro Tag – bei schweisstreibenden Arbeiten darf es auch einiges mehr sein.»  
     
     
     

     

    Urologie im Spital Emmental

    Von der Vorsorge bis zur Therapie: In der Klinik für Urologie deckt das Spital Emmental das gesamte urologische Diagnostik- und Behandlungsangebot ab. Im Fokus stehen dabei Erkrankungen der harnbildenden und der harnableitenden Organe bei Mann und Frau. 

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