Notfallmedizin ist ungeplante Medizin
Die Mitarbeitenden der Notfallstation des Spitals Langnau behandeln 7000 Fälle pro Jahr. Das ist nur möglich mit einem gut eingespielten Team und einem Netzwerk, das sich gegenseitig unterstützt. Wie die Notfallstation in Langnau funktioniert und welchen Wunsch das Team an Patientinnen und Patienten hat, erzählt Eva Maria Genewein, stellvertretende Chefärztin Medizin Langnau.
Text: Teresa Schmidt • Geprüft: Dr. med. Eva Maria Genewein, Stv. Chefärztin Medizin Langnau


«Nur ein gutes Team mit einem grossen Netzwerk kann alle Schattierungen der Notfallmedizin abdecken.»
Eva Maria Genewein
Stv. Chefärztin Medizin Langnau
Neun Behandlungsplätze, sitzend und liegend, und ein Schockraum: Das ist die Notfallstation des Spitals Emmental in Langnau. Das Team der Notfallstation betreut hier rund 7000 Fälle pro Jahr. Eva Maria Genewein, stellvertretende Chefärztin Medizin Langnau, schätzt die Situation so ein: «Eine zügige und gute Notfallversorgung ist nicht abhängig von der Anzahl Behandlungsplätze, sondern von der Anzahl Hände, die anpacken. Wir sind auf die gute Teamarbeit angewiesen, um jederzeit Zeit, rund um die Uhr, die ungeplanten Notfallsituationen beherrschen zu können.»
Wenngleich in Langnau keine Operationen mehr durchgeführt werden, bietet der Spitalstandort das gesamte Spektrum diagnostischer Leistungen an. Die Notfallstation ist eine Drehscheibe, in der eine Verdachtsdiagnose erstellt wird, um anschliessend genau die Spezialistinnen und Spezialisten hinzuzuholen, die zur Schärfung der Diagnose und Behandlung benötigt werden. «Je nach Fall kommt es dann zu einer Verlegung an den Standort Burgdorf oder, für besonders schwere Fälle, in ein Zentrumsspital wie das Inselspital in Bern», erklärt Eva Maria Genewein weiter. Zudem wird viel Zeit in eine profunde Weiterbildung der Assistenzärztinnen und -ärzte investiert, die wiederum den Patientinnen und Patienten zu Gute kommt.
Keine Notfallstation ohne ein gutes Netzwerk
Einen typischen Notfalltag gibt es nicht – jeder Tag ist anders, unvorhersehbar und unplanbar. Gerade das macht den Reiz aus. «Mag die Sonne noch so schön scheinen und der Tag eine scheinbare Ruhe vorgaukeln: Auf der Notfallstation kann es dennoch stürmen. Dies ist einerseits eine Herausforderung, andererseits macht es unsere Berufe aber auch spannend und abwechslungsreich. Und damit der Sturm gut vorübergeht, brauchen wir ein eingespieltes Team bestehend aus Pflege und ärztlichen Mitarbeitenden, Radiologie- und Labormitarbeitenden und vielen Spezialistinnen und Spezialisten», so Eva Maria Genewein weiter.

Das Netzwerk wird beim Eintritt in eine Notfallstation spürbar: Da ist zuerst die Triage-Pflegende, die die Dringlichkeit eines Krankheitsbildes oder eines Unfalls bestimmt. Dann sind die Assistenzärztinnen und -ärzte an der Reihe, die sich ein erstes Bild verschaffen und zusammen mit der Oberärztin oder dem Oberarzt die diagnostischen Schritte einleiten. Zum Netzwerk gehören aber auch alle weiteren Fachdisziplinen, die je nach Fall hinzugezogen werden.
Mehr Verantwortung für die Notfallstation
Um Kosten zu senken, sollen Hospitalisierungen vermieden und ambulante Behandlungen bevorzugt werden. An diesem Trend sind die Notfallstationen beteiligt: Heutzutage sind profunde Untersuchungen bis hin zum EEG (Elektroenzephalogramm), MRI und Punktionen möglich, sodass die Patientin oder der Patient nach mehreren Stunden Abklärung unter Umständen das Spital mit einem Behandlungsplan wieder verlassen kann. Natürlich werden Patientinnen und Patienten, deren Krankheitsbild eine Hospitalisierung erfordert, stationär aufgenommen. Es wird jeweils sorgfältig abgewogen, was für die Betroffenen die beste Option ist – oftmals in Rücksprache mit den Spezialistinnen und Spezialisten. Um die verschiedenen Überlegungen nachvollziehbar zu machen, müssen sie dokumentiert werden, was viel Schreibarbeit mit sich bringt.
Appell – «bitte melden Sie sich an»
Ein Behandlungsfall, unabhängig ob ambulant oder stationär, braucht auf der Notfallstation in Langnau durchschnittlich ca. dreieinhalb Stunden Zeit. In dieser Zeit enthalten sind Gespräche mit den Betroffenen, die Dokumentation und die Organisation aller bildgebenden und weiterführenden Behandlungen sowie Besprechungen mit Spezialistinnen und Spezialisten. Um die Abläufe so optimal wie möglich zu gestalten, appelliert Eva Maria Genewein an die Patientinnen und Patienten: «Wann immer möglich: Bitte melden Sie sich an! Mit einer Anmeldung können wir bereits die ersten administrativen Schritte in die Wege leiten und den ‹Fall erstellen›. Erst danach können wir mit der eigentlichen Arbeit beginnen – die Erfassung der Daten von Patientinnen und Patienten ist die Basis für die Behandlung im Spital. Zudem können wir am Telefon, das immer von einem erfahrenen Arzt bzw. erfahrenen Ärztin bedient wird, eine Ersteinschätzung vornehmen und zusammen mit den Betroffenen überlegen, wie schnell sie zu uns kommen müssen oder ob vielleicht sogar der Einsatz eines Rettungsfahrzeuges nötig ist.»