Ab 65 Jahren leiden bis zu zehn Prozent der Menschen, mehrheitlich Frauen, am Restless-Legs-Syndrom (RLS). Aber auch viele Schwangere plagt das Kribbeln in den Beinen. Neurologin Gaby Schoch erklärt, woher das RLS kommt und wie sie die Erkrankung behandelt.
Text: Valentin Oberholzer • Geprüft von: Dr. med. Gaby Schoch, Leitende Ärztin Neurologie
Während ihr Mann schon seelenruhig träumt, liegt Maria rastlos im Bett. Egal, wie sie sich positioniert, nach einer halben Minute beginnen ihre Beine, zu kribbeln. Bewegt sie sich, verschwindet das unangenehme Gefühl kurzzeitig, nur um Maria nach wenigen Sekunden wieder einzuholen. Schlafen wird zur Unmöglichkeit. Maria leidet am Restless-Legs-Syndrom, kurz RLS.
«Die Anzeichen für das Restless-Legs-Syndrom sind häufig diffus», sagt Neurologin Gaby Schoch. Patientinnen und Patienten beschreiben ihre Leiden als eine Art Kribbeln, Brennen oder gar Schmerz in den Beinen. In der Regel machen sich die Symptome bemerkbar, wenn die Beine ruhig liegen. Typischerweise ist das abends oder nachts – so wie bei Maria. Bewegen Betroffene die Beine, lindert das die RLS-Beschwerden. Grundsätzlich ist die neurologische Erkrankung nicht gesundheitsschädlich. Doch häufig stört sie den Schlaf. Und Schlafmangel verursacht nicht nur Erschöpfung. Er begünstigt auch zahlreiche geistige und körperliche Erkrankungen.
Weshalb die Erkrankung entsteht und wie sie Beschwerden hervorruft, ist nicht restlos geklärt. Beim primären RLS geht die Wissenschaft davon aus, dass bestimmte Gene die Störung auslösen. Sie ist also vererbbar. Bei der sekundären Variante hingegen entsteht das Restless-Legs-Syndrom durch Störungen wie Niereninsuffizienz, Polyneuropathie, Eisenmangel oder auch Folsäuremangel. Bestimmte Medikamente, wie zum Beispiel einige Antidepressiva, können die Symptome verstärken. Ausserdem hat ein erhöhter Östrogenspiegel häufig dieselbe Wirkung. Deshalb leiden Schwangere vermehrt am RLS. Denn während der Schwangerschaft produziert der Körper besonders viel Östrogen.
Gaby Schoch, Leitende Ärztin Neurologie |
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Die Behandlung des RLS hängt von der Ursache ab. Der Auslöser des primären Restless-Legs-Syndroms – die Gene – lassen sich nicht behandeln. Deshalb empfiehlt Gaby Schoch in diesen Fällen, kalt zu duschen, kühlendes Gel aufzutragen oder die Beine zu massieren. «Diese relativ einfachen Dinge können Patientinnen und Patienten kurzzeitig helfen», sagt sie. Beim sekundären RLS kann die Ursache therapiert werden. So verschreibt die Spezialistin zum Beispiel Eisenpräparate gegen Eisenmangel.
Wenn die Beschwerden stark sind, kann der Arzt als Therapie dopaminerge Medikamente oder auch gut verträgliche Antiepileptika verschreiben. Zeigen diese keine Wirkung, kann der Arzt eine Behandlung mit Cannabis-Präparaten oder Opioiden in Erwägung ziehen. Die setzt Gaby Schoch aber nur sehr zurückhaltend ein, denn erstere sind sehr teuer und letztere können zu Abhängigkeit führen. L-Dopa, das früher häufig gegen das RLS eingesetzt wurde, führt längerfristig meist zu einer Verstärkung der Symptome (Augmentation). Daher ist dies in der Dauertherapie gegen RLS zu vermeiden.
Neurologie am Spital Emmental |
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